Durch Süße zum Staub

Wenn schon OTTO, der traditionsreiche, selbst lange genug todesaffine  Versandhändler, mit Untoten wirbt, wo soll es denn dann mit dieser gutesten aller guten Welten hingehen? Geradewegs unter die Erde? Es sind strenggenommen untote Kannibalen, gemeinhin Zombies genannt, die da bei OTTO in der Ottonormalverbraucherküchenzeile zwei Techniker im Pulk bedrohen, die gerade was installieren wollen. Wenn aber deutsche, mittelständische Technik aufgefressen wird, wo soll es dann etc. ? Außer, dass man lobend erwähnen sollte, dass hier ein verschnarchter Traditionalist mal was in Reklamedingen wagt und dabei leicht geschmacklos wird und sich einen Tick übers Ziel hinaus wirft, außer dem: Warum auch nicht; man kann diesen Werbespot, ohne allzu in die Tiefe gehen zu wollen, getrost als ein zeitkritisches, gesellschaftgeiselndens, besonders die Zustände im zerfallenden Mittelstand anprangerndes Stückchen ottoisierter Filmkunst sehen und nicht nur als einen Gag, der kurz vor Halloween anfällt, jenem Fest, das hier, ein alter Ami-Trick, ohne Wurzeln Nährboden fand. Man sollte sich fest vornehmen, all jene Kinder, die da im Laufe der nächsten Woche vor der Haustür mit „Süßes oder Saures“ auf den unwissenden Lippen, mit dem dickleibigen OTTO-Katalog von Annodazumal einen überzubraten. Und zwar derlei, dass es nicht so sehr aus dem Katalog, vielmehr aus dem unwissenden Schädel staubt. Halloween ist – alleine schon durch eine Überzuckerung der jungen Gesellschaftsschichten, die ja die zukünftige Stütze der hiesigen Wirtschaft werden sollen – eine Dummheit, die schlimmst möglichst bestraft gehört. Aber zurück zum Techniker. Zu Robert Musil also. Der es als schriftstellernder Techniker ohne Frage drauf hatte. Der allerdings recht frei baute, so dass es zwar aufging, aber nie so wie bestellt aufging. Jener Musil sagte über jemanden wie den zum Kannibalenfutter degradierten, durch Versandhandel versklavten Küchenzeilenirgendwelchegeräteeinbauer bzw. über die Deutschen insgesamt: „die Deutschen mit ihrer auf Effekt geschulten Methodik“. (Robert Musil: Der Mann ohne Eigenschaften. Roman. Rowohlt Verlag, Hamburg 1952. Gesammelte Werke in Einzelausgaben, S. 80; Schutzumschlag und Einband Werner Rebhuhn) So sieht in etwa Deutschland von Österreich und auch der restlichen Welt aus aus. Effekt aus Methodik vor allem. Ob es viel oder wenig ist, das mag jeder der geneigten Leser/jede der geneigten Leserinnen für sich im Laufe des hoffentlich langen Lebens herausfinden. Gehört aber, dies die Ansicht von weltläufigen BRD-Experten aus der Provinz, auf alle Fälle zum Gutteil aufgefressen. Denn ohne Flexibilität und Begegung und Quirlichkeiten allerart geht es heutzutage nicht mehr vorwärts. Sah man gut diese Woche bei Borussia Dortmund. Ein 4:0. Die hartbrockigen, bei OTTO nicht gelisteten Spanier mit Hilfe quirliger Kauorgane sowie eines stabilen Verdauungstrakts verspeist und ausgeschieden.
Zombiehaltung ist heute offenbar in.
Wäre ein passabler Einstiegssatz.
Danach kämen die Ereignisse der Woche ausgiebig dran. Als da wären:
Montag: Stuttgart. Mitsamt dem hilfsbereiten JAZZ PODIUM-Stab in der Vogelsangstrasse. Aber auch samt Feinstaub-Alarm und einem Stuttgart 21-Protest auf der Königsstrasse.
Dienstag: Kampf ums Dasein.
Mittwoch: Kampf ums Dasein, die Zweite. Wo es um die Wurst geht. (Für Veganer: Um ins Plastk eingeschweißen Lupinen-Extrakt in Kotfarben.)
Donnerstag: Rudresh Mahanthappa. Wohl der beste Altsaxophonist derzeit. Seine Band, die Indo-Pak Coalition, ein Killer.
Freitag: Ende vom Kampf ums Dasein. – Ein 4:0 für beide.

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