Folge 3

Eine seiner Handflächen klatschte gegen den eigenen Nacken. Er hatte die Mücke getötet. Ich schaute ihn ausgiebig an, wie ein verhältnismässig interessantes Objekt, ein unbemanntes Raumschiff etwa oder eine unverständlich marode Konserve, während er das Blut, das eigene Blut, gemischt mit meinem eventuell, das ich im Verschlag an die Mücke ungefragt abgeben mußte, das Blut, das der Mückenorganismus kurz zuvor durch sich hindurch gefiltert hatte, ein hochkompliziertes Leben floß da durch einen Primitivling und wertete auf, kurz: an seinem nackten Oberschenkel teilnahmslos abwischte. Ich war woanders, auch wenn ich aufmerksam und allzeit anwesend dreinschaute; ich konnte mehrer Dinge prallel wie synchron; eine Begabung, schlicht eine Begabung, mehr war dazu nicht zu erzählen. Ging auch diesmal tadellos, ich war nicht und doch da, den Berg unter mir. Get rid of him, sagte Keith. Soon; und schob mir den Packen Scheine übers Tischblatt zu. Ich saß ihm gegenüber im schalldichten Raum der Zentrale. Die Kamera nahm mich auf. Meine Mimik und Gestik, die nicht viel hergaben, weil ich mir Regungen bewußt verkniff, meine Haltung allgemein, sollten später firmeneigene Fachkräfte analysieren. Die schwere Uhr am Keith‘ Handgelenk tickte, dass mir schier der Schädel zu zerspringen drohte. Ich hatte eine Nacht in der Peepshow und zig Pina Coladas hinter mir. Keith hieß gar nicht Keith, sondern, soviel ich wußte, und ich wußte von den Vorgängen innerhalb der Firma herzlich wenig, Olaf oder Elch oder Laßesstecken, und kam von hinter dem Fjord. Er hatte sich seinen Vornamen zugelegt, weil er gleich zwei Keiths bewunderte, den Keith Richards sowie den Keith Moon. Wenngleich er sich beider Hang zum Exzess, stramm piätistisch großgezogen, so meine Mutmaßung, mit seinem gesamten hageren Leib verkniff. Es überraschte mich kaum, dass sie Malinowski loswerden wollten. Er war unberechenbar geworden nach der Familientragödie. War nicht mehr lediglich melancholisch wie zuvor, sondern regelrecht verschlossen. Niemand wußte genau, was er dachte, und das war ganz und gar schlecht; nicht ein bißchen das, was die Firma verlangte. Sie wollte jeden lesen können. Wenn man das aber klar sah, konnte man es ohne viel Aufwand verhindern. Mountains are great for cleaning, setzte Keith mit verhärmtem, zu mühsam hergestelltem Pokerface und einer englischen Aussprache hinzu, die aus Sussex hätte stammen können, wenn man nie in Sussex war allerdings nur. Er sah regungslos zu, wie ich das Geld, gänzlich ohne Gier, einsteckte; nachdem ich es gezählt hatte selbstredend. As any place is – sein letzter Satz für heute. Immer um Pointe bemüht, dachte ich. Immer bemüht um etwas; nie zweckfrei, nie ohne Ziel. Er erhob sich nicht mal, um mich zu verabschieden, der immense Drecksack. Hand reichten wir uns sowieso schon lange nicht mehr. Erst die Übergabe, für die ich einen Partner brauchte, dann war Malinowski dran. An all das, plus noch ein paar Kleinigkeiten, dachte ich ungehindert, während Malinowski, Blut am Bein, das Haar wirr wie ein in Eile verlassens Vogelnest und, wie oben erwähnt, überall am Körper sprießend, die Wampe unterm verkehrt rum übergestreiften Shirt mit dem Logo von Wypas, dem veganen Restaurant, nicht weniger als galaktisch und lediglich zu zwei Dritteln verborgen, die bepaviante Shorts zu geräumig sogar für diesen beeinduckenden Inhalt, während er also, sockenlos, krumm- und kurzbeinig, alles in allem attraktiv wie Erpelarsch, die verschleierten Gipfel nach Impressionen absuchte. Kein Wort von meiner Seite, kein Wort von seiner. Nicht mal ein: Gutenmorgenwiegehtswiestehtsheuteandiesemwunderschönentagdenunterumständenkeinervonunsbeidenüberlebenwirdodervielleichteinervonunsdochmitvielglückundeinwenigreflexdennochschöndiesermorgenderletztevonallenwenndenn-

Fortsetzung folgt.

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