Diesmal fällt der Blog aus. Kein Einfall und – falls es einen geben sollte – keine Zeit da, um ihn aufzuschreiben. Schade. Und furchtbar unangenehm; ist aber so. Es gibt halt Momente an Tagen, wo was zusammenpasst, und dann Momente, wo man sich was zurechtackert und kaum zu Atem kommt. Fällt also aus. Nicht mit Absicht, aus purer Not. Selbstverständlich. Die Welt gibt es noch und man müsste in sie nur aufmerksam genug hineingucken, schon wären genug Subjekte da um sie als Objekte exzessiv zu beschreiben. An sich überhaupt keine Schwierigkeit. Das Geld mag nicht auf der Straße liegen, gelegentlich vielleicht zwei zwei Cent Stücke, die Themen aber schon. Man läuft allerdings nicht jeden Tag mit offenen Augen & Ohren durch die eigene kleine Welt. Man ist auch mal komplett zu und damit undurchlässig. Tagelang mitunter. Nimmt nix an von dieser Welt. Gibt auch nix an sie weiter. Lässt sie ohne einen schmoren. Soll diese W. mir wegbleiben, mag man sich tagein tagaus vormurmeln, dämlich wie sie ist, nichts für Hirne wie dieses hier. Hirne, die die auf der Erdkugel waltende Dämlichkeit durchschauen. Mag man schon mal sagen. Doch wohin mit sich dann, wenn diese Welt gerade so gar nicht von Belang ist? Ins Erdloch? Aufs Klo? Auf einen fernen Planeten, wo die Luft dünn ist und Hirne aussetzen? Egal ob man sich nur weigert an der Welt teilzunehmen oder nicht, man sowie Menschen werden alt. Selten sieht man inzwischen allerdings, in den Jugendtagen gab es das wohl öfter, alte Leute mit vielen tiefen Falten. Eine richtig alte Dame konnte man um ca. 18.40 Uhr in der U2 vom Josephsplatz zum Hbf beobachten. Sie kam aus Europas südlischstem Süden – Kopftuch, schmales Gesicht: und tiefe, dichte Furchen in ihm. Wettergegerbte, mokkafarbene Haut dazu noch. Kopftuch ums Gesichtchen. Sie setzte sich mühsam, auf Stock gestützt, auf einen der gänzlich ungegerbten U-Bahn-Kunststoffsitze. Verzerrte ihr Gesichtchen beim platzieren, weil ihr offenbar die eine Kniescheibe weh tat. Ihre Pein konnte einem nahe gehen, noch mehr aber ihre Falten. Das Leben, das Leben in der Welt, hatte ihr tüchtig was eingeschrieben, das für alle gut lesbar war: Sie hatte gelebt. Sie hat auf diese Welt eingewirkt und die Welt auf sie – so läuft das gewöhnlich ab; den Lauf des Lebens nennt es das Volk dort draußen. Sie sah aus wie 101, war aber vermutlich 75. Sehr wahrscheinlich war es ein hartes Leben, ohne E-Bike und Obers ohne Limit beim Kaffeekränzchen an jedem zweiten Dienstag, das nur dann ausfiel, wenn der Brühkopf der vollverchromten Esspressomaschine streikte, die Brühflüssigkeit also zu langsam floss und so die Qualität des Fair Trade-Arabica aus Uganda nicht ausreichend durchkam. Im Detail hätte man das Leben der Alten aus der U2 nicht ablesen können, man ist ja kein Telepathiker wie der Magister Artium in Schnürsenkelei, wie der Lothar Matthäus, aber man konnte sich was zurechtreimen, was sicher nicht so fern der Tatsachen lag. Es sah jedenfalls nach gelebtem Leben aus. Mit etlichen Tälern und da und dort einem flachen Stimmungshoch, wenn es gut lief. Gelebtes Leben ist ja was schönes, weit besser als ein, genau, halbgelebtes Irgendwas, das notgedrungen oder aus Verlegenheit nur LEBEN genannt wird. Das Leben drückt uns was rein. Wenn es bei Falten bleibt und einer kaputten Knieschiebe – her damit.
(Ab morgen allerdings bitte erst. Heute fällt das Leben aus.)