Jetzt mal zur Abwechselung eine Frage von Gewicht: Wer ist denn hier ein Freund von Reality-TV? Aha. Etwa, weil man dort das faktische Leben beobachten kann? Das könnte eher falsch sein. Fakt ist bestimmt, dass bei dieser Art von TV keine Schauspieler am Werk sind, sondern Menschen von der Strasse als Selbstdarsteller – die vermutlich die Kamera, die sie begleitet, nie vergessen. Es sind auch Orte da, die tatsächlich existieren und nicht Kulissen & Bauten. Insofern real. Was aber beim Dreh zum Teil zu passieren hat, wie das Material später bearbeitet wird, ist wiederum höchst sugges- und subjektiv und folgt einem Storyboard. Weil ja Reality-TV gesehen werden will und sich folglich, als Abbild aktueller gesellschaftlicher Vorlieben, um Spannung und Dynamik bemühen, d.h. den Sehgewohnheit der Zielgruppe folgen muß, die Quote stets im Blickfeld. Nun eine andere Frage, die in die gleiche Kerbe dreschen mag: Hat jemand die Werbung der Bundeswehr für Mali gesehen? Auf den Bildschirmen am Hauptbahnhof vielleicht? Sieht aus wie die Werbung für Call of Duty. „Der Bund macht Mali“ weiterlesen
Heimgarten
Der Mensch gibt und findet keine Ruhe. Er muß tun, um sich zu vergewissern, dass er lebt. Erst im Tun spürt er das Gewicht, das Leichtgewicht, wenn es gut läuft, seiner Existenz. Erst durchs Tun bemerken ihn auch die Mitmenschen. Es ist vielerorts ein Zwang, so sehr von innen wie von außen gemacht. Der eine Mensch muß tun, weil der andere auch was tut; des Geldes wegen, das verdient gehört natürlich auch, aber ja. Man gönnt dem Mitmenschen gewöhnlich keine Eskapaden ins Nichtstun. Wenn er, der Mensch von vorhin, also nix tut und ihn einer etwa fragt „Was tust Du denn den ganzen Tag lang?“, dann muß eine gescheite Antwort her und nicht ein unter Umständen wahrheitsgemäßes: Nix. Hieve tagein tagaus Zement hoch, darf es heißen. Stempel was, weiß aber nicht so recht was eigentlich. Oder: Bin bei der Feuerwehr und rette gelegentlich ein Leben. An die Arbeit, das ist der ausschlaggebende Punkt für diesen Text, schliessen direkt die Freizeitaktivitäten an, die nach fleißiger Bewegung verlagen, nach laufen, springen, weitwerfen. „Heimgarten“ weiterlesen
Die Xu, der Xi & Rüssel
Hat man so eine Chinesin schon mal gesehen? Die richtige Antwort lautet: Hat man nicht. So offen, herzlich, zugeneigt, lustig wie Xu Fengxia, das entspricht dem Bild des Chinesen bei uns so gar nicht. Der Chinese, der auch gern die Chinesin sein kann, ist doch nur in der Mehrzahl zu haben, undurchdringlich, zielstrebig, reinlich und noch was, das ich gerade vergessen habe, jedenfalls Merkmale, die dem Menschengeschlecht nicht direkt schmeicheln müssen. Seit 1991 wohnt Xu in Deutschland, im Bischofssitz zu Paderborn genaugenommen, doch das darf als Entschuldigung für ihre offensichtliche Lebenslust nicht gelten. Der Deutsche entspannt ja auch nicht, wann er will. Sie hat in Shanghai in einer Rockband Bass gespielt, dann in klassischen Ensembles, ausgebildet ist sie allerdings an der Sanxian, einem banjoartigen Instrument, das mit einem rundem, oft mit Schlangenhaut bespannten Korpus, einem langen, bundlosen Griffbrett ausgestattet und mit drei Saiten bespannt ist. „Die Xu, der Xi & Rüssel“ weiterlesen
Trikont
Um es mir diesmal besonders einfach zu machen, doch immerhin aus gutem Anlaß, hänge ich unten einen Artikel dran, den ich für die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) 2009 geschrieben habe. In diesem Herbst feiert Trikont 50 Jahre seines Bestehens, und das muß unbedingt gewürdigt werden. Mit einem alten Text wie dem hier – oder aber einem neuen, der demnächst bei der NZZ erscheinen wird, wenngleich er im Grunde den gleichen Ton wie ehedem anschlägt. Vor Trikont verbeuge ich mich aber auch zweifach gern. „Trikont“ weiterlesen