Es gibt sie noch. Die Leute, die es verdient haben, bekannt zu sein. Ilija Trojanow hat gerade in dem ziemlich luftig gesetzten, doch lesenswerten Heft Future Zwei (Zusatz drüber: Magazin für Zukunft und Politik; auf dem Coverbild: eine Dame mit Kopf im Kübel) ein Interview gegeben. Schwamm drüber, dass man ihn hier global-effekthascherisch als Public Intellectual tituliert anstatt ihn kluger Kopf oder öffentlichtauglicher Beauftragter der klugkopfigen Wertegemeinschaftsskeptiker zu nennen. Trojanow zweifelt die hiesige Weltordnung seit Jahren schon an, hier wieder. Er, der Weltreisende, lässt uns in jenem Interview (packender Titel: „Apokalyptische Wichserei grenzt das Visionäre aus“) ganz flott vom hohen Wohlstands-Roß steigen, zeigt nicht minder flott unsere Anmaßungen. Es wird sofort klar, dass die sog. Erste Welt gut und gern mit der Dritten (Welt) in vielerlei Hinsicht die Plätze tauschen könnte. In vielerlei Hinsicht? In wesentlichen Punkten. Wie z.B. dem Umgang miteinander. Es fallen Sätze, die aus dem Zusammenhang genommen anmaßend klingen könnten, es aber im Zusammenhang und mit Beispielen garnert nicht sind, Sätze wie „Indem wir Gutes tun, wird es auch für uns gut“, „Klimapolitik wird oft mit einer großen wissenschaftlichen Nüchternheit und unter einer Präzision der Zahlen und Ziffern betrieben, hat aber zu wenige spirituelle Aspekte“, Trojanow lobt der Menschen in von Not geplagten Gebieten „gelebte Solidarität“, diese Menschen werden getragen, sagt er, „durch ein Gefühl, dass es tatsächlich einen größeren Zusammenhang gibt, der einen auch als schwaches Individuum aufbaut, erhebt und erhöht“, er konkludiert sogleich im Zusammenhang mit dem Zusammenhang: „Um es ganz pathetisch zu sagen: der uns, zumindest als utopisches Ziel, irgendwann auch erlöst. Das fehlt in unserer Gesellschaft.“ Was Trojanow da beschriebt, könnte auch Jazz in seiner besten Ausformung sein, so wie man sich ihn ausmalt und wie er, vom Community-Gedanken durchsetzt, sich etwa beim New Yorker Vision Festival (2019 ab 11. Juni) darlegt – aber das nun wirklich ganz nebenbei. Ebenfalls bekannt zurecht: Ringsgwandl. Georg Ringsgwandl, der Kabarettist, Sänger, Zahnarzt. Bayrisch-bekannt womöglich nur, nicht weltumfassend. Kein Public I., lediglich ein schnörkellos-intelligenter Kopf . Eben: handfest-verkopft, mehr vom Nachdenken aus dem grauen Alltag her, auf die bayerische Art halt. Was er in der Zeitschrift Muh (Bayerische Aspekte untertitelt, doch keineswegs fürs Bayernvolk reserviert) zu erzählen hat, ist so klar formuliert wie vor tiefgehender Gedankenleistung strotzend, nie penetrant, aber oft herzerweichend dafür, obwohl Ringsgwandl ja ein nüchterner Geist ist. Zitate gibt es diesmal nicht, weil die Muh im Jazz Podium-Büro liegt, in das es heute eigenauferlegten Zugangsverbot gibt. Aber die Muh kaufen und den Ringswandl lesen, das die Botschaft. Apropos Botschaft. Die amerikanische Botschaft hat Alexander von Schlippenbach, dem Aushängeschild des deutschen Jazz schlechthin, kein Einreisevisum für eine Konzerttournee durch die USA ausgestellt und seinen Paß bislang nicht zurückgeschickt. Wer sich beschweren möchte, der darf das tun. Via Mail und somit hoffnungslos. Das ist Amerika, die Erste Welt, das Land, das uns hier macht. – Fuck off also zum Abschied.
OFF?
PODIUM-ABO.
5O MAGERE EU.