Wenn man hier ernsthaft ein Tagebuch betriebe, was ein Blog ja ursprünglich sein wollte, dann wäre es im Moment eine kreuzöde Angelegenheit. Dann stünden hier derzeit Sätze wie: Schweiß des Angesichts, hartbödiger Ackergrund, auf zum Spaten, die Gruft verlangt nach bodys. Ja, zumal im Augenblick, wo die Arbeit kompromißlos und zu oft humorfern im Vordergrund steht. Es geht voran, Geschichte wird gemacht, nicht frei, sondern eng nach Fehlfarben, der Band mit dem einen Hit, aber vielen kompromißlosen Gedankengängen, könnte man in diesem Zusammenhang anmerken, wäre man selbstbewußt oder frech, was oft genug zusammenfällt, oder naiv wie Kaspar Mütze, der pudelbemützte Halbtrottel – ist er doch? oder sieht es jemand anders? – aus dem Hause Janosch. Geschichte wird allerdings immer gemacht, nicht dringend im großen Stil oder weltbewegend, aber die persönliche Geschichte wird ja mit jedem Atemzug weitergesponnen. Bis zum letzten, nun, Atemzug; manchmal auch darüber hinaus, durch Erinnerungen von Mitmensch und Hund. Endet also in kompletter Unwahrheit, wenn man nicht aufpaßt. Doch wie paßt man vom Jenseits aus auf? Das ist eine dieser Fragen, die langer Meetings im Plenum (8.30-12.30, 14-17.30 Uhr; Schweinelende und Verdauungsspaziergang plus Dänisches Plundergebäck und Tässchen Jacobs Krönung dazwischen) oder des freien Falls unter den Tisch bedürfen. Freier Fall ist unschön, schon wahr, doch unter den Tisch geht immer. Die Entfernung nicht der Rede wert, Teppichboden darunter … Ab und an zu fallen tut gut, alleine um zu wissen, wie Bodenhaftung wirklich geht. Ob sie noch geht. Ob man vor lauter Arbeit noch stehen kann. (Auf dem Boden ist noch längst nicht unter dem Tisch nämlich, das verwechselt nur gelegentlich mal einer aus Kaspers naher Verwandtschaft.) Arbeit muss ein hohes Gut sein, weil sich ja doch ein nahezu jeder was darauf einbildet. Kann nicht ins Kino/Krankenhaus/ehrenamtlich aushelfen, weil ich loyal bis ins Grab der Krake – von deren Struktur ich keinen BLASSEN hab – zuackern muss; hört man schon öfter. Arbeit stiftet Identität. Des Geblendeten (Menschen) mit dem Kapital (DIE FIRMA). Das ist der blendend reine Irrsinn des Homo S. Aber: So lebe ich (Blumfeld; der längste Song auf ihrem Album Old Nobody von 1999, deren Vorstoß in Richtung Münchner Freiheit von Tausendmal Du – gehört zuerst in einem kleinen Klub in Augsburg, wo diese doch maßstabsetzende Band (nicht Münchner Freiheit, die andere) den sehr gewagten Vorstoß in seichtere und ungeschminkte und schlagernahe Gefielde testete; immerhin waren Blumfeld die Vorzeigejungs der Hamburger Szene und sonst eher mit gewisser kompromißloser Härte unterwegs, wie 94 in der Hamburger Markthalle am eigenen Leib erfahren; zurück nach Augsburg aber, denn wir schweifen nicht unwesentlich ab, worauf Monate später Blumfelds Auftritt in einer größeren Halle folgte, auf dem Pfanni-Gelände in München – ausverkauft beides; Hamburg damals sowieso). Das Gros der Anhänger von Urblumfeld blieb der Band treu, was erstaunte, denn deren Wendung geschah um mehr als die üblichen 360 Grad. Identität und Loyalität, beides sind Fremdwörter. Ja. Sollten sie uns dann und wann nicht besser fremd bleiben? Das Leben wäre zweifellos leichter, wenngleich skrupelloser bestimmt; die Arbeit unbelasteter. Beim identität- und gesichtslosen Arbeitgeber (DIE FIRMA; DAS KAPITAL) haben diese Wörter nix zu suchen doch. Da preisen wir doch das Geschäft in gänzlich eigener Hand (dreimal fiel in diesem Text das Wort kompromißlos; jetzt zum vierten Mal: das kompromißlose Geschäft in eigener Hand), wo Identität noch gehen könnte, wo die drei von der Tankstelle, Loy und Ali und Tät also, ebenfalls gelegentlich vorbeischauen. Preisen jenes Geschäft hoch – auch für Fehlfarben, für die wir selbst einstehen müssen; preisen es in den Himmel, der heute klar ist.
(Wie Kloßbrühe.)
(Fehlfahrben als da wären: Der Rotstich bei Fotos in der Märzausgabe des Jazz Podium; DAMN … K. Lamar)
Da gibt es doch jemand, der statt kompromißlos immer alternativlos sagt….
hier denke sich jeder das Smiley seiner Wahl.
Grüße und weiterhin alles Gute für Euch.
C