Führungskrise. – Könnte man jetzt ohne größeren Hintergedanken mal hinschreiben und in wenigen Zeilen beweisen wollen, dass es stimmt. Man könnte. Wenn, dann führt die WM gegenwärtig unseren Alltag, ob man nun will oder nicht. Ohne einen Fußball als Emblem kommt kein Medium momentan aus. Jede Chipstüte hat einen, jedes Lustige Taschenbuch, aus jedem noch so verkommenen Loch suppt das Ergebnis von Marokko gegen Iran durch. Doch abgesehen von Cristiano Ronaldo, der das wirtschaftlich im Aufschwung befindliche Portugal mit Toren füttert, vielleicht abgesehen noch von Luka Modric für die gut sortierten, sonnenverwöhnten Kroaten (Stand Sommer 2017), scheitern die vermeintlichen Führungsspieler reihum. Toni Kross führt Deutschland nirgendwohin, ins Aus, ja, dorthin womöglich; Lionel Messi folgte Argentinien gegen Kroatien fast widerstandslos in die Pleite, Robert Lewandowski führte noch nie jemanden (seine Frau aus, das schon), Sadio Mané war kaum zu erkennen, es sei denn am hellen Strich im Toupet, Senegal gewann ohne ihn, Neymar da Silva Santos nahm nichts – im übertragenen Sinne – in die Hand respektive – im wortwörtlichen Sinne – auf den Schlappen, Mohamed Salah fiel für Ägypten in der ersten Partie ganz aus, dann blieb er ohne erkennbare Unterstützung seiner Mannschaft wirkungslos… Es könnte unverfänglich sein, aus jenen Anzeichen eine Führungskrise zusammenzustückeln. Eine gesellschaftlich relevante sogar. Der Einfluss des Fußballs auf die mentale Verfassung eines Landes, von guten Teilen der Erdkugel gar, ist doch kaum zu unterschätzen. Es gab ja auch schon einen Krieg, Fußballkrieg genannt, wo das Spiel die aggressive Stimmung zwischen zwei Ländern zumindest eskalieren ließ, 1969 war das, bei der Qualifikation für die WM 1970 in Mexiko; Honduras und El Salvador hießen die Gegner und Kriegsteilnehmer. Aus Spiel wird Ernst, da kann man dem Volksmund ausnahmsweise mal beipflichten, wobei es für engagierte Fußballgucker immer ernst zugeht, aber sicher seltener bis aufs Blut ernst. Wenn man dann noch die augenblickliche Beschaffenheit der Bundeskanzlerin hinzu nimmt, derangiert durch bayerische Populisten und bar einer mannschaftlich-geschlossenen Unterstützung, dann stellt sich eventuell die Frage, wie wichtig die WM gerade für Deutschland ist. Für den wirtschaftlich stabilen Standort. Für den Motor Europas; selbst wenn „Motor“ als das derzeit übelste Schimpfwort gelten darf. An einen Gewinn der WM ist nicht zu denken. Ein solcher Titel täte Deutschland im Augenblick alledings gut. In eine Zeit des Misstrauens in die hierzulande patentierte Wortschöpfung namens „Willkommenskultur“. Doch Titel: ausgeschlossen. Das hat paradoxerweise mit Deutschlands gefestigter Lage zu tun, denn der nach Russland mitgereiste Kader ist größtenteils vor allem eins: satt. Was aber ist, wenn man, das scheint an diesem Freitag im Bereich des Möglichen, bereits in der Gruppenphase scheitert? Geht dann Europa den Bach runter? Sind wir derlei auf die Kondition von charakterfernen, lebsensuntüchtigen, durch Berater gelenkten Jungspunden angewiesen? Offenbar schon. Die Laune der Nation hängt von Özils Fuß ab. Von den durch Instinkt in den Fuß gelenkten Impuls vielmehr. Da ist also das Hirn nicht unbedingt im Spiel. Auch außerhalb des Fußballfelds ist das Hirn bei Özil unanwesend, könnte jetzt ein dahergelaufener Blogger böswilliger – respektive richtigerweise anmerken. Es ist zweifellos schlecht, wenn das Wohlbefinden eines Staates vom Fuß respektive hirnlosen Regionen respektive einem Impuls abhängig ist. Bei einem wie dem Trump respektive Trump sieht man die Folgen. Impuls hat in der Politik wenig zu suchen, insofern hat jemand wie die Bundeskanzlerin, die doch von der Wissenschaft kommt und impulsiv lediglich bei der WM wird, wenn sie die Ärmchen kurzfristig hochreißt, ihren Beruf nicht verfehlt. Bevor Laune im Keller: Was gänzlich anderes. Ist jemandem schon die Ähnlichkeit zwischen Messi und Robert De Niro aufgefallen? Eine ähnliche Introvertiertheit gepaart mit Scheu. Eine gewisse Unklarheit für die Außenwelt über die Vorgänge im Innern. Eine latente Gefahr unter der ansehnlichen Oberfläche. Ein Ausbruch jederzeit möglich. Wehe dann. „You talking to me?“ Das ist aus TAXI DRIVER, immer noch mit der beste Film dieser schlechten Welt. De Niro vor dem Spiegel mit Waffe, bereit die lasche Führung auszulöschen. Denn auch in TAXI DRIVER: Führungskrise. Da hilft sich De Niro selbst. Wie er es aus Vietnam kennt – mit Gewalt. Er schießt sein Umfeld zusammen. Er ist sauer. Respektive sehr sauer.